Inhalt:
Im Vordergrund unseres Seminars liegt die emotionale Figurenführung und somit das Handwerk, wie man als Filmemacher*in die Zuschauer*innen an die filmische Fiktion bindet. Denn leider gelingt es Filmemacher*innen nicht immer, mit ihrem Werk die beabsichtigten Emotionen bei den Zuschauer*innen hervorzurufen. Obwohl die Autor*innen ein stimmiges Drehbuch oder Konzept schreiben, die Schauspieler*innen ihre Gefühle ehrlich meinen und die Filmemacher*innen diese cineastisch brillant in Szene setzen, bleibt häufig eine Diskrepanz zwischen den auf dem Bildschirm gezeigten Emotionen und denen der Zuschauer*innen: Sie werden nicht mitgenommen und bleiben gleichgültige Beobachter*innen. Die Ursachen liegen in der Nichtbeachtung einiger Regeln bei der emotionalen Führung des Zuschauers, derer sich die alten Regiemeister und Oscar prämierten Autorenfilmer*innen jedoch bewusst waren und sind. Einer davon war der Autor und Regisseur Krzysztof Kieslowski, der für die Trilogie der „Drei Farben: Blau / Weiß / Rot“ und für die 10-teilige Mini-Serie „Dekalog“ verantwortlich war: Er versteht es durch sicheres Handwerk meisterlich, Empfindungen, Emotionen und Illusionen beim Zuschauer hervorzurufen.
Ziel:
Die Teilnehmer*innen lernen bei der gemeinsamen Analyse des Films „Drei Farben: Blau“ wie man Figuren geschickt einführt und „markiert“, damit der Zuschauer sich mit ihnen in wenigen Sekunden „verbindet“. Um die bestmögliche Verbindung auch bei der Erzählhandlung herzustellen, sind Aussparungen, Verhüllungen und Normübertretungen der Figuren, notwendig, dabei ist die Einhaltung der richtigen Distanz mit der Kamera stets einzubeziehen. Aufbauend auf dem Film werden weitere Film- und Serienbeispiele besprochen, die sich ähnlicher Techniken bedienen, wie zum Beispiel „Gran Torino“, „Bohemian Rhapsody“, „Ziemliche beste Freunde“, „Room“, „Notting Hill“, „Dirty Dancing“, „Hangover“und in Serien wie „Glow“, „Manhunt: Unabomber“, „Good Wife“, „Monk“, „Haus des Geldes“ und „Downtown Abby“.
Hinzugezogen werden ausgewählte Kurzfilme, Musikvideos und Spots, wo dieses Handwerk verdichtet angewendet ist. Wir lernen mit der richtigen Balance zwischen Dramaturgie, Kameraführung und Schnitt den Zuschauer durch die filmische Handlung zu führen, damit er sich mit der Geschichte verbinden kann und diese sogar zum wiederholten Maleschauen möchte.
Dabei lernen sie weitere handwerkliche Tools, um die bestmögliche Verbindung zwischen den Figuren und dem Zuschauer herzustellen:
- Visuelle „Markierung" des Helden / der Heldin
- Spannende Figurenführung ohne wesentliche „Charakterisierung“
- Informations- und Emotionsverteilung
- Dramaturgisches und visuelles Vorshadowing
- Visuelle Aussparungen, Verhüllungen und Normübertretungen der Figuren
- „temp mortem“ – tote Zeit
- Visueller und dramaturgischer Vorbau von Gefühlsentladungen wie Wut, Zorn, Trauer
- Die 5 Phasen des Wandels
- Perfekte Szenenübergänge aus der Sicht der Figur – ohne Musik.
- Auftritte und Abgänge der Figuren
- Über Blicke verbinden
- Mystische Subjektivierung
- Kontrastwechsel, Distanz & Nähe
- Die „Naht-Einstellungen“ (Spiegelungen & Verdichtungen)
- Die Kraft der Nebenfiguren
- Visuelle System-Dramaturgie
- Macht der Fiktion
Über die gängige und bewährte Unterrichtslernplattform Moodle in Kombination mit der Konferenz-software Big Blue Button – und bei zu starker Auslastung ZOOM – ist das Seminar wie ein virtuelles Präsenzseminar aufgebaut. Gemeinsam werden wir viele Szenen aus dem oben genannten Film- und Serienbereich in Echtzeit (über Vimeo-Links in ansehnlicher Qualität) in der Videokonferenz analysieren und das Gelernte in kleinen Schreibübungen festhalten und vertiefen.
Unterrichtsform:
Online über Moodle und der Video-Konferenzsoftware Big Blue Button / Zoom
Vorgesehen für:
Regisseur*innen, Regieassistent*innen, Kameraleute und Regiestudierende
Max. Teilnehmer*innenzahl: 16
Kosten: € 50,00 (ADA-Mitglieder), € 80,- (Nicht-Mitglieder), € 35,- (Studierende)
Anmeldung: mit ausgefülltem Anmeldeformular und eingezahlter Teilnahmegebür bis 31.01.2021 unter assistenz@ada-directors.com